Früher undenkbar, heute nur einen Mausklick entfernt: Baumschulen, Rosenzüchter und Gärtnereien, die ihre empfindliche Ware online verkaufen. Ob erfolgreich oder nicht, steht dabei auf einem anderen Blatt. Es fällt nämlich auf, dass sehr viele Online-Gärtnereien das Thema E-Commerce bislang eher halbherzig, denn professionell angehen. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Unwissenheit, Überforderung und eine gute Portion Naivität.
Onlinegärtner aufgewacht! Wenn Sie wirklich erfolgreich im Internet verkaufen wollen, wird es Zeit für das kleine 1×1 des E-Commerce.
1. So wichtig wie gutes Substrat: professionelle Technik
Jede Pflanze bevorzugt ein anderes Substrat. Ist es optimal auf die Bedürfnisse der Pflanze abgestimmt, wächst und gedeiht sie fast von alleine. Stimmt etwas nicht, sind Probleme vorprogrammiert. Genauso verhält es sich mit falscher, unpassender und längst überholter Technik.
a. Schalten Sie die selbst gebastelte Website ab.
Für Profis führt an einer professionellen Shop-Software, möglichst auf einem eigenen Server, führt kein Weg vorbei. Ihre Kunden schließen nämlich von der Qualität der Website direkt auf die Qualität Ihrer Pflanzen, auf Ihre Glaubwürdigkeit und auf die Seriosität des gesamten Angebots. Vergleichen Sie selbst: In der Gärtnerei stehen wunderschöne Stauden in 1A-Qualiltät, doch Ihre Website wirkt von vorne bis hinten laienhaft und hoffnungslos veraltet. Wie glaubwürdig wirkt nun Ihr Angebot?
b. Lassen Sie Experten ran.
Sie wissen alles über Ihre Pflanzen? Wunderbar. Ihr Fachwissen stößt beim Verkauf und bei der Beratung der Kunden auf offene Augen und Ohren. Aber wenn es um die Installation und um die laufende Pflege und Wartung Ihres Onlineshops geht, sollten Sie auf Experten und deren Fachwissen setzen. Allen voran ein Programmierer, der Ihre Shop-Software aus dem Effeff kennt und weiß, wo die Stellschrauben sitzen. Achten Sie bei der Auswahl des Experten nicht alleine auf die Kosten, sondern auf überprüfbare Referenzen. Wichtig: Lassen Sie sich Referenzprojekte nicht nur zeigen, sondern sprechen Sie auch mit den Auftraggebern. Nur so erfahren Sie aus erster Hand, ob ihr zukünftiger wichtigster Mitarbeiter tatsächlich auch hält, was er verspricht.
c. Betexten Sie Ihr Angebot individuell.
Jede Pflanze verdient eine ausführliche Beschreibung. Wie heißt sie, wo im Garten fühlt sie sich wohl, wo kommt sie ursprünglich her, Verwendungszweck, Besonderheiten etc. Sie sind der Gärtner! Jetzt spielen Sie Ihre wichtigsten Trümpfe aus und zeigen Kompetenz. Der Unterschied zwischen Pflanzenverkauf beim Discounter / Baumarkt und Ihrer Onlinegärtnerei liegt genau hier. Ein Tipp in eigener Sache: Wenn Texten Ihre Sache nicht ist, buchen Sie eine erfahrene Texterin, die sich mit Pflanzen und Garten aber auch mit Kunden und E-Commerce auskennt. Gerne auch direkt mich.
d. Lassen Sie Start-, Image und Serviceseiten individuell und professionell betexten.
Gute und erfahrene Werbetexter wissen, worauf es dabei ankommt: Auf zielgruppengerechte Sprache und so ganz nebenbei auch auf die Wahl der richtigen Schlüsselwörter. Schließlich soll Ihre Website auch von den Suchmaschinen gefunden werden.
e. Verführen Sie mit detailreichen Pflanzenfotos
Sparen Sie nicht an hochwertigen Produktbildern. Hobbygärtner verlieben sich schnell und kaufen gern aber nur wenn sich das Objekt ihrer Begierde sich groß, detailreich, verlockend schön und einfach verführerisch präsentiert. Mit Bildern aus Ihrer Handycam / Digicam gelingt das nicht. Besser Sie lassen eine Blumenfotografin ran. Alternative: Stockphotos spezieller Pflanzenbildagenturen.
Falls Sie jedoch tatsächlich ein gutes Auge und Zeit genug haben, Ihren Pflanzenbestand laufend selbst zu fotografieren: Sparen Sie dabei bitte nicht an der Technik (Kamera, Studiolicht, Reflektoren, Softboxen etc.) und erst recht nicht am erforderlichen Knowhow. Pflanzen- und Blumenfotografie erfordert sehr viel Fingerspitzengefühl und eine perfekte Lichtführung.
2. Service und Informationen sind das A und O
a. Lassen Sie Ihre Website die Fragen der Kunden antworten.
Die meisten Kunden haben viele Fragen. Doch haben Sie auch immer Zeit und Lust, jede einzelne Frage zu beantworten? Nein? Dann gestalten und betexten Sie Ihr Angebot so, dass möglichst viele Fragen von vornherein beantwortet werden. Richten Sie eine FAQ-Seite ein (Häufig gestellte Fragen) und setzen Sie den Link dorthin auf jede Angebotsseite gut sichtbar Wie lange dauert es, bis meine Ware ankommt? Ich möchte reklamieren. Wie geht das? Die Pflanze ist nicht angewachsen, was nun? Wächst dieses Kraut in jener Umgebung? Was passt am besten zu dieser Rose? Das Beet ist eigentlich zu trocken für alles, doch welches Kraut schafft es hier trotzdem? Durchforsten Sie Ihr E-Mailarchiv nach Fragen Ihrer Kunden. Sie werden staunen, wie viele Themen in den letzten Monaten so beisammen kommen. Schöner Nebeneffekt: Suchmaschinen lieben Seiten mit Häufig gestellte Fragen und stufen sie im Suchmaschinenindex schnell nach oben. Sorgen Sie also für qualifizierte Antworten und verlinken Sie Ihre FAQ-Seiten gut und durchdacht.
b. Schummeln Sie nicht mit den Lieferzeiten.
Der Garten ruft, die Beete sind vorbereitet, nur die Pflanzen fehlen noch. Der Kunde bestellt und dann passiert nichts. So geht das nicht! Nichts ärgert Kunden so sehr, als Tage und Wochen auf bestellte Pflanzen zu warten. Ihr Onlineshop sollte in der Lage sein, jederzeit anzuzeigen, ob eine Pflanze auf Lager und zu haben ist, oder eben nicht. Wenn lieferbar, dann ab die Post. Sofort.
Und jetzt kommen Sie mir bitte nicht mit der Ausrede, während der Saison hätten Sie so viel zu tun, dass Onlinebestellungen schon mal zwei, drei Wochen warten müssen. Jeder Tag, den Kunden warten, ist ein Tag zu viel. Onlinekunden von heute erwarten ihr Paket binnen weniger Tage. Amazon hat es vorgemacht und die Uhr lässt sich nicht mehr zurück drehen. Ausnahmen: Wurzelnackte Rosen, die nur im Spätherbst bzw. bis April versendet werden. Pflanzen im Container oder Saatgut müssen sofort in den Versand. Alles andere frustriert und treibt Kunden zum jungen, dynamischen und blitzschnellen Wettbewerber. (Siehe auch hier)
Klar ist auch: Wer schnell versenden sein will, braucht fixe Helfer. Finden Sie fähige Mitarbeiter und schulen Sie diese speziell für die Abwicklung Ihrer täglichen Onlinebestellungen. Es führt kein Weg an dieser alles entscheidenden Maßnahme vorbei.
c. Planen Sie vor.
Manche Pflanzen werden nur zu bestimmten Jahreszeiten gepflanzt. Wurzelnackte Rosen, Gehölze, Wasserpflanzen und auch Pfingstrosen gehören dazu. Der erfahrene Kunde und Hobbygärtner kennt das und weiß um diese Besonderheit. Nichts liegt also näher, als Vorbestellungen anzunehmen. Sie als Baumschuler können besser planen und der Kunde weiß vorab, ob er die gewünschte Sorte auch bekommt.
d. Gestehen Sie Fehler und plötzliche Lieferengpässe ein.
Fehler passieren und vor Naturgewalten ist niemand gefeit. Sie haben online Pflanzen verkauft, die es plötzlich nicht mehr gibt? Egal ob sie auf dem Weg von der Gärtnerei zum Versand den Schnecken zum Opfer gefallen sind oder vom Frost dahingerafft worden sind: Sagen Sie dem Kunden umgehend Bescheid. Er hat eine ehrliche Information verdient. Und eine Chance, seine grünen Schätzchen doch noch woanders zu bestellen.
e. Verpacken Sie Ihre Pflanzenschätze gut aber nerven Sie nicht ungefragt mit Stroh und Heu.
Viele moderne Onlinegärtnereien meinen es fast schon zu gut mit vermeintlich korrektem Umgang mit den Ressourcen und verpacken Pflanzen gerne in Berge von Stroh und Heu. Was diese Gärtner nicht wissen: Eine Kiste voll mit Heu oder Stroh sprengt die Kapazität des normalen Kleingartens. Auf Balkonien und im Wohnzimmer ist erst recht kein Platz für dieses aufgeplusterte Naturmaterial. Einzig Besitzer von Kaninchen und Hamster freuen sich über die kostenlose Streu. Alle anderen Kleingärtner sehen dem natürlichen Füllmaterial eher mit gemischten Gefühlen entgegen. Denn egal ob die Pflanzen auf der Wiese oder auf der Terrasse ausgepackt werden: Die Sauerei ist enorm. Und ungehäckselt kann man mit diesem Füllmaterial auch nicht mulchen. Das Zeug fliegt beim kleinsten Windstoß quer durch den Garten bis hin zum Nachbarn. Ärger ist so ein weiteres Mal vorprogrammiert.
Lassen Sie dem Kunden also bitte die Wahl: Möchte er, dass Stroh und Heu oder doch lieber Pappe und Papier als Verpackungsmaterial bei seiner Pflanzenlieferung verwendet wird? Fragen Sie und akzeptieren Sie dann die Entscheidung des Kunden. Er wird es Ihnen sicherlich danken.
3. Trommeln Sie dort, wo Ihre Kunden sind.
Die schönsten Angebote für Gartenfreunde nützten nichts, wenn niemand davon erfährt. Ohne Marketingstrategie, regelmäßige Werbung und aktuell geführten Social Media-Profilseiten, dümpelt Ihre Onlinegärtnerei auf Jahre vor sich hin. Bedenken Sie also bei allem, was Sie tun: Jeden Euro, den Sie in Ihre Gärtnerei und in die technische Umsetzung Ihres Onlinegeschäft investieren, sollten Sie noch einmal für die Kommunikation bereithalten. Je nach Budget, Größe und Anspruch, wenden Sie sich dazu am besten an eine Agentur oder, fast noch besser, an ein eingespieltes Freelancer-Team mit fähigen Partnern aus den Bereichen Konzeption, Werbetext, Grafik und Social Media.
Für mich gibt es 3 Kategorien von Versandgärtnereien. 1: die reinen Versender, die gar nicht selber produzieren sondern nur zuhandeln, 2: größere Einzelhandelsgärtnereien mit eigener Versandabteilung und 3: kleine Spezialgärtnereien die nur versenden, weil sie von ihren Kunden dazu genötigt werden. Von Kategorie 1 und 2 erwarte ich genau das, was Du in diesem Post geschrieben hast. Bei Kategorie 3 bin ich froh, dass sie sich den (in den meisten Fällen unrentablen Versand antun), weil ich sonst viele Raritäten nicht bekommen könnte. Bei denen hab ich logischerweise keine so großen Ansprüche, obwohl es auch unter diesen echte Versandprofis gibt. Es geht also, wenn man will. Danke für diese gelungene Zusammenstellung und liebe Grüße,
Martina